TikTok sammelt eine beeindruckende Menge an Daten über seine Nutzer – vom Scrollverhalten über Standortinformationen bis hin zu den Interaktionen mit bestimmten Content-Typen. Was viele nicht wissen: Diese Daten landen nicht nur bei TikTok selbst, sondern werden auch mit Drittanbieter-Werbenetzwerken geteilt. Die gute Nachricht? Es gibt eine versteckte Einstellung in den Tiefen der App, mit der du zumindest die personalisierte Werbung einschränken kannst.
Warum TikTok deine Daten so gerne teilt
Das Geschäftsmodell von TikTok basiert auf personalisierter Werbung. Je mehr die Plattform über dich weiß, desto gezielter können Werbetreibende dich ansprechen – und desto mehr Geld verdient TikTok. Dabei geht es nicht nur um die Videos, die du likest oder kommentierst. Die App trackt minutiös, welche Inhalte du überspringst, bei welchen du pausierst und wie lange du auf bestimmte Elemente starrst. Diese Informationen werden zu einem detaillierten Profil zusammengesetzt, das dann für zielgerichtete Werbung genutzt wird.
Das Problem dabei: Du verlierst die Kontrolle darüber, wer letztendlich Zugriff auf deine Verhaltensmuster hat. Untersuchungen haben ergeben, dass 13 von 14 Netzwerkkontakten auf TikTok von Drittanbietern stammten – und dieses Tracking erfolgte auch dann, wenn Nutzer es in den Einstellungen nicht explizit zugelassen hatten. Diese Drittanbieter können dich durch Technologien wie das TikTok Pixel auch auf anderen Websites verfolgen. Ein digitaler Fußabdruck entsteht, der weit über die App hinausreicht.
Der versteckte Datenschutz-Schalter
In den Datenschutzeinstellungen von TikTok versteckt sich eine Option, die den meisten Nutzern völlig unbekannt ist: die Möglichkeit, die Personalisierung von Werbeanzeigen zu deaktivieren. Diese Funktion unterbindet die maßgeschneiderte Werbung innerhalb der App und schränkt ein, welche Daten TikTok für die Auslieferung personalisierter Werbung nutzen darf.
Der Weg dorthin ist allerdings alles andere als intuitiv. TikTok versteckt diese Einstellung hinter mehreren Menüebenen – vermutlich nicht ganz zufällig. Datenschutzexperten kritisieren seit langem, dass Datenschutzoptionen auf der Plattform schwer zugänglich sind und es oft unklar bleibt, welche Daten wohin fließen.
So deaktivierst du die Werbeanzeigen-Personalisierung
Der grundsätzliche Weg führt über deine Profileinstellungen. Du findest die Option zur Deaktivierung der Werbepersonalisierung im Bereich der Datenschutz- und Werbeeinstellungen. Da TikTok sein Interface regelmäßig aktualisiert, kann die genaue Menüführung variieren, aber die Option befindet sich typischerweise unter den Werbe- oder Datenschutzeinstellungen der App.
Wichtig zu verstehen: Diese Deaktivierung bedeutet nicht, dass TikTok komplett aufhört, Daten zu sammeln oder mit Drittanbietern zu teilen. Die App teilt Daten auch für andere Zwecke wie Cloud Storage, Analyse, Betrieb und Weiterentwicklung des Dienstes. Die Einstellung begrenzt spezifisch die Verwendung für gezielte Anzeigen und das Verständnis deiner Aktivität für Werbezwecke.
Was sich nach der Deaktivierung ändert
Nach der Deaktivierung wirst du einen spürbaren Unterschied bemerken. Statt Werbung für genau das Produkt, über das du gestern noch mit deinem Freund gesprochen hast, siehst du nun allgemeinere Anzeigen. Das mag auf den ersten Blick weniger relevant erscheinen, bedeutet aber einen Gewinn an Privatsphäre.
Die Werbung in deinem Feed verschwindet zwar nicht komplett – das wäre auch unrealistisch bei einer kostenlosen App – aber sie wird deutlich generischer und weniger auf dein persönliches Profil zugeschnitten. Das Retargeting über verschiedene Plattformen hinweg wird erschwert, und dein digitaler Fußabdruck für Werbezwecke schrumpft merklich.
Weitere Datenschutz-Einstellungen, die du kennen solltest
Die Deaktivierung der Werbepersonalisierung ist nur ein erster Schritt. TikTok bietet noch weitere Optionen in den Datenschutzeinstellungen, die einen Blick wert sind. Im Bereich Personalisierung und Daten kannst du einsehen, welche Informationen TikTok über dich gesammelt hat, und teilweise auch deren Verwendung einschränken. Diese Einstellungen geben dir mehr Kontrolle über die Datennutzung innerhalb der Plattform.
Viele Nutzer haben TikTok Zugriff auf ihren Standort gewährt, ohne sich dessen bewusst zu sein. In den Standortdiensten kannst du festlegen, ob die App deinen Standort überhaupt erfassen darf und wenn ja, wie präzise diese Information sein soll. Der Aktivitätsstatus zeigt anderen Nutzern, wann du zuletzt online warst – aus Datenschutzsicht ist es sinnvoll, diese Option zu deaktivieren, um nicht ständig überwachbar zu sein.

Der Kompromiss zwischen Personalisierung und Privatsphäre
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Deaktivierung dieser Funktionen einen Trade-off bedeutet. TikToks legendärer Algorithmus lebt von der Datensammlung. Je mehr die App über dich weiß, desto besser kann sie Inhalte kuratieren, die dich wirklich interessieren. Die For You Page wird nach der Deaktivierung möglicherweise weniger treffsicher. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Wie viel ist dir deine Privatsphäre wert? Der Dopamin-Kick durch perfekt zugeschnittene Videos ist verlockend, aber der Preis dafür ist hoch. Deine Verhaltensdaten werden zu einer Handelsware, die von Unternehmen genutzt wird, die du nicht kennst.
Warum diese Einstellung so schwer zu finden ist
Die Tatsache, dass TikTok diese wichtige Datenschutzoption so tief in den Menüs vergräbt, ist kein Zufall. Es ist ein bewährtes Muster der Tech-Industrie: Datenschutzfreundliche Optionen werden durch komplizierte Menüführung und unklare Bezeichnungen verschleiert, während datenhungrige Funktionen mit einem einzigen Klick aktiviert werden können.
Diese Praxis nennt sich dunkle Muster – eine Designentscheidung, die Nutzer bewusst in eine bestimmte Richtung lenkt. Regulierungsbehörden wie die EU haben das erkannt und mit Gesetzen wie der DSGVO gegenzusteuern versucht. Die irische Datenschutzbehörde verhängte 2024 ein Bußgeld von 530 Millionen Euro gegen TikTok wegen unzulässiger Übertragung europäischer Nutzerdaten in Drittländer. Im Jahr 2023 folgte eine weitere hohe Millionenstrafe wegen Nichteinhaltung der DSGVO-Anforderungen bei der Altersüberprüfung.
Die Dimension der Datensammlung
Um die Bedeutung dieser Einstellungen zu verstehen, muss man wissen, welche Daten TikTok überhaupt sammelt. Die App erfasst nicht nur, welche Videos du ansiehst, sondern auch Button-Klicks, Metadaten zur Seitenleistung, Informationen über Likes, Shares, deinen Suchverlauf und die Verweildauer bei bestimmten Inhalten. TikTok nutzt diese gesammelten Daten zur Erstellung von Nutzerprofilen, die der Personalisierung von Anzeigenkampagnen dienen.
Diese Profile ermöglichen es Unternehmen zu sehen, ob die definierte Zielgruppe zutrifft oder ob andere Nutzer die Werbeanzeige als relevant ansehen. Funktionen wie Custom Audiences und Lookalike Audiences erlauben es Werbekunden, gezielt Zielgruppen zu tracken und ähnliche Nutzergruppen zu finden. Die Präzision dieser Targeting-Methoden ist beeindruckend – und beunruhigend zugleich.
Die chinesische Verbindung
Ein zusätzlicher Aspekt, der oft diskutiert wird: TikTok gehört zum chinesischen Konzern ByteDance, und es gibt begründete Sorgen über mögliche Datenweitergaben. Nach chinesischem Recht kann TikTok theoretisch gezwungen sein, Daten an die chinesische Regierung weiterzuleiten. Experten warnen, dass die Gefahr besteht, dass TikTok eng mit der chinesischen Regierung zusammenarbeitet.
Diese Bedenken sind nicht aus der Luft gegriffen. Sie waren der Grund, warum die Europäische Union 2023 die Installation von TikTok auf Diensthandys von EU-Mitarbeitern verbot. Die USA erwägen sogar ein komplettes Verbot der Plattform, falls der Besitzer nicht geändert wird. Auch wenn es keine definitiven Beweise für einen tatsächlichen Datenzugriff durch die chinesische Regierung gibt, zeigt allein die Möglichkeit die Dimension des Problems.
Regelmäßige Überprüfung empfohlen
Ein einmaliges Anpassen der Datenschutzeinstellungen reicht leider nicht aus. TikTok – wie viele andere Apps auch – aktualisiert regelmäßig seine Nutzungsbedingungen und führt neue Features ein, die manchmal standardmäßig aktiviert sind. Es lohnt sich daher, etwa alle drei Monate einen Blick in die Einstellungen zu werfen und zu überprüfen, ob neue Optionen hinzugekommen sind.
Besonders nach App-Updates solltest du wachsam sein. Manchmal werden bei größeren Updates Einstellungen zurückgesetzt oder neue Tracking-Optionen eingeführt, die automatisch aktiviert sind. Ein kurzer Check dauert nur wenige Minuten und kann deine Privatsphäre erheblich schützen. Die Kontrolle über deine eigenen Daten zurückzugewinnen ist kein radikaler Akt, sondern sollte Standard sein. Die Deaktivierung der Werbepersonalisierung ist ein wichtiger erster Schritt in Richtung digitaler Selbstbestimmung – auch wenn sie keine vollständige Lösung darstellt. Wer maximale Privatsphäre möchte, muss letztlich grundsätzlich überdenken, ob und wie intensiv die App genutzt werden soll.
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